Wie werden die Bildungs- und Teilhabeleistungen angenommen, die es seit Ende März dieses Jahres bundesweit für Kinder gibt, deren Eltern Hartz IV, Sozialhilfe, Wohngeld oder den Kinderzuschlag erhalten?
Hock: Inzwischen immer besser. Waren zum Stichtag 15. Juni erst 584 Anträge bei uns eingegangen, so sind es nun (Stand: 2. November) 2452 Anträge.
Worauf führen Sie diese Steigerung zurück?
Hock: Der Personenkreis der Anspruchsberechtigten weiß allmählich Bescheid, dass es das Bildungspaket gibt und was es ist. Neben diversen Veröffentlichungen in den Medien haben wir alle Schulen und Rathäuser angeschrieben und mit Informationsmaterial versorgt. Auch die Sozialberatungsstellen von Caritas und Diakonischem Werk sind eingebunden. Der Fachbereich „Soziale Leistungen“ im Landratsamt, das Jobcenter und die Wohngeldstelle sind ohnehin mit Faltblättern und Formularen zum Bildungspaket bestückt.
Wie viele anspruchsberechtigte Kinder gibt es denn im Landkreis?
Hock: Wir gehen von etwa 4000 Anspruchsberechtigten aus. Bei den Hartz-IV- und den Sozialhilfe-Empfängern lässt sich die Kinderzahl genau ermitteln. In der Wohngeldstatistik ist die Anzahl der Kinder pro Wohngeldempfänger dagegen nicht erfasst; wir sind hier also gezwungen zu schätzen.
2452 gestellte Anträge bei rund 4000 Anspruchsberechtigten – rund die Hälfte der Eltern der Bildungspaket-Adressaten macht also inzwischen von seinem Recht auf Hilfe Gebrauch. Doch was ist mit den übrigen rund eineinhalbtausend Kindern?
Hock: Unwissenheit dürfte mittlerweile allenfalls noch eine kleine Rolle spielen, wenn Eltern keinen Antrag stellen. Viel eher vermute ich, dass sich viele sozial schwache Familien ihrer Armut schämen. Sie unterlassen deshalb alles, wodurch offenbar würde, dass sie arm sind. Ein Antrag auf Leistungen aus dem Bildungspaket kommt für sie nicht in Frage, weil sie sich dadurch outen würden. Sicher sind einige Eltern aber auch einfach nachlässig.
Zurück zu den gestellten Anträgen. Wie viele Leistungen werden denn durchschnittlich beantragt?
Hock: Ein Antragsberechtigter beziehungsweise eine Antragsberechtigte beantragt im Durchschnitt zwei bis drei Leistungen.
Wie viele Leistungsarten umfasst das so genannte Bildungspaket eigentlich?
Hock: Sieben. Sechs Leistungsarten werden nur auf Antrag gewährt. Schulbedarfsbeihilfe von 100 Euro pro Schuljahr erhält indes jedes Kind, das über seine Eltern Hartz-IV- oder Sozialhilfe-Leistungen bezieht, von Amts wegen, das heißt automatisch. 70 Euro werden zu Schuljahresbeginn (1. August) und 30 Euro zum Schulhalbjahr (1. Februar) überwiesen. Wohngeldempfänger dagegen müssen einen Antrag stellen, damit sie für ihre Kinder den Zuschuss für den persönlichen Schulbedarf bekommen.
Demnach müsste der Zuschuss für den persönlichen Schulbedarf die am häufigsten bewilligte Leistungsart sein.
Hock: So ist es. Auf Platz 2 folgt dann die Bezahlung der Mittagsverpflegung in der Schule oder in der Kindertagesstätte.
Welche Leistungen gibt es noch?
Hock: Die Kostenübernahme für Ausflüge und Klassenfahrten im Kindergarten beziehungsweise in der Schule; die Fahrtkostenerstattung bei der Schülerbeförderung; die Kostenübernahme für Lernförderung (Nachhilfe) sowie verschiedene Teilhabeleistungen, wie zum Beispiel den Mitgliedsbeitrag für den Sportverein oder die Gebühr für die Musikschule.
Was muss bei den Bildungs- und Teilhabeleistungen beachtet werden?
Hock: Außer dem Geld für den persönlichen Schulbedarf der Kinder werden die Leistungen grundsätzlich direkt an die Schule, den Kindergarten, den Nachhilfelehrer, den Verein oder die Musikschule überwiesen. Leistungsmissbrauch soll so verhindert werden.
Wo gibt es Antragsformulare und wo müssen diese abgegeben werden?
Hock: Antragsformulare gibt es bei der Servicestelle „Bildung und Teilhabe“ im Gebäude des Jobcenters in der Albrecht-Berblinger-Straße 6 in Neu-Ulm sowie im Landratsamt (Fachbereich „Soziale Leistungen“ oder Wohngeldstelle). Abzugeben sind alle ausgefüllten Anträge in der Servicestelle „Bildung und Teilhabe“ in der Albrecht-Berblinger-Straße 6.