Wildes, urbanes Märchen

28. Februar 2019

Zinos – gespielt von Lukas Schrenk – führt eine Kneipe mit billigem Essen für geschmacksverstärkerabhängige Gaumen in einem heruntergekommenen Viertel. Ohne ersichtlichen Grund beschließt sein Leben, auseinanderzubrechen und es beginnt eine Schlitterpartie durch diverse Unglücksfälle: Zinos’ Freundin Nadine Krüger – dargestellt von Nicola Schubert – verabschiedet sich nach Shanghai, um dort die Karriereleiter zu erklimmen. Als ein Bandscheibenvorfall ihn außer Gefecht setzt, taucht plötzlich der exzentrische Koch Shayn auf, dessen Kochkünste das Stammpublikum im "Soul Kitchen" zunächst irritieren. Das Chaos nimmt seinen weiteren Lauf, als sich Zinos‘ kleinkrimineller Bruder Illias (Benedikt Paulun) bei ihm einnistet und Steuerfahndung und Gesundheitsamt seine Witterung aufgenommen haben. Dann taucht auch noch zu allem Überdruss der Immobilienhai Thomas Neumann (Christopher Vantis), ein ehemaliger Schulkamerad Zinos‘, auf und fasst den Plan, Zinos das Gebäude billig abzukaufen, um es abzureißen und das Grundstück zu vermarkten. Zinos aber bietet allem die Stirn, und so erblühen hier und da Blumen des unmittelbaren Glücks: Als Kellner Lutz (Jakob Egger) das "Soul Kitchen" zum Proberaum umfunktioniert, Kellnerin Lucia (Franziska Maria Pößl) ihre Leidenschaft fürs Kreative in der neuen Inneneinrichtung für das "Soul Kitchen" auslebt und auch Shayns Küche die Gaumen der Gäste (Statisterie des Theaters Ulm) zu verzücken vermag, avanciert die ehemals schäbige Kneipe plötzlich zum Szenelokal. Durch diesen turbulenten Abend, den auch Tini Prüfert u.a. als Oma Krüger und Gunther Nickles u.a. als Herr Meyer vom Gesundheitsamt in Begleitung seines jungen Amstskollegen (Moritz Vinke) anheizen, führt Soul-Kitchen-Stammgast Sokrates, dargestellt von Stephan Clemens.
Hommage an ein Lokal, das den Menschen zur Heimat wird

Alexander Flaches Inszenierung nach dem Kultfilm von Fatih Akin ist ein wildes, urbanes Märchen und eine zarte Hommage an einen besonderen Ort, an ein Lokal, das den Menschen zur Heimat wird. Zu erleben, wie Zinos sich diese in seinem kleinen Restaurant mit Hilfe einer selbstgewählten Familie aus Exzentrikern und Fantasten aufbaut, macht einfach Lust auf Leben – mit allen Höhen und Tiefen.
Anja Furthmann hat nicht nur für jede der eigenwilligen Figuren charakteristische Kostüme entworfen, auch ihr Bühnenbild bietet Einiges fürs Auge: Während sich auf der Vorderbühne die Kellerkneipe mit Industriecharme zum angesagten Kultladen mausert, bildet ein überdimensionierter Tisch eine zusätzliche Ebene: Über den Köpfen von Zinos und der Soul-Kitchen-Crew befindet sich die Welt außerhalb des Lokals und aus dem übergroßen Tisch wird mit effektvollen Mitteln schnell ein Flughafen oder ein Luxusrestaurant.
Für den passenden musikalischen Rahmen sorgt die Soul-Kitchen-Band: Joo Kraus (Tasten/Trompete), Korbinian Kugler (Bass) und Torsten Krill (Schlagzeug) lassen echte Probenraumatmosphäre entstehen, wenn sie mit den Schauspielerinnen und Schauspielern bekannte und unbekannte Songs – von "The Doors" bis Janis Joplin – zum Besten geben.
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Wildes, urbanes Märchen

Ist das noch eine Pechsträhne oder schon der ganz normale Wahnsinn, dem man nie wieder entkommen wird? Das Theater Ulm bringt den Kultfilm „Soul Kitchen“ von Fatih Akin und Adam Bousdoukos auf die Bühne – Premiere ist am 7 März.

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Illustration: Michael Hahn / Theater Ulm
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