Feinfühliges Verhalten der Eltern senkt gesamtgesellschaftliche Kosten

1. Juli 2021

Die Signale und Bedürfnisse der Kinder wahrnehmen und ihnen Hilfestellung geben: feinfühliges Verhalten und elterliche Fürsorge haben weit über die kindliche Entwicklung hinaus positive Auswirkungen. Ein internationales Forscherteam um Professor Christian Bachmann von der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie am Universitätsklinikum Ulm hat herausgefunden, dass das Verhalten von Eltern in den ersten Lebensjahren ihrer Kinder auch Jahre später noch Auswirkungen auf die finanziellen Folgekosten für Familie und Gesellschaft haben.

Die internationale Studie „A good investment: longer-term cost savings of sensitive parenting in childhood“ wurde am 30. Juni 2021 im Journal of Child Psychology and Psychiatry, dem weltweit führenden entwicklungspsychologischen Journal, veröffentlicht. Untersucht wurde, inwieweit feinfühliges Verhalten der Eltern – also Signale des Kindes zu erkennen und darauf angemessen zu reagieren – im Vorschulalter ihrer Kinder sich im weiteren Lebensverlauf auf gesamtgesellschaftliche Kosten (z.B. in den Bereichen Beschulung, Krankenhausaufenthalte) auswirkt. Für die Studie wurden Daten von 174 Jugendlichen aus Großbritannien herangezogen.

„Wir konnten zeigen, dass feinfühlige Erziehung noch etwa sieben Jahre später extrem positive Auswirkungen auf gesamtgesellschaftliche Kosten hatte. So verursachten Kinder mit feinfühligen Eltern nur etwa sieben Prozent jener Kosten, die Kinder mit nicht feinfühligen Eltern auslösten“, sagt Professor Christian Bachmann.  Darunter fallen beispielsweise Kosten für Krankenhausaufenthalte, Förderunterricht oder Heimunterbringung.

Die Studienergebnisse demonstrieren erstmals die erhebliche Public Health-Bedeutung einer qualitativ guten Erziehung im Vorschulalter – ob in der Familie oder im Kindergarten. Neben der großen Bedeutung für die weitere positive Entwicklung des Kindes trägt ein feinfühliges elterliches Erziehungsverhalten dazu bei, gesamtgesellschaftliche Kosten in der Folge zu minimieren. Eine feinfühlige Erziehung beeinflusst die Entwicklung eines Kindes auf mehreren Ebenen positiv – unter anderem in Form einer besseren kognitiven Entwicklung sowie besserer emotionaler und interpersonaler Fertigkeiten. „Das kann zum Beispiel erklären, warum solche Kinder seltener auf einer Förderschule beschult werden oder behandlungsbedürftige Verhaltensstörungen entwickeln“, erklärt Professor Christian Bachmann und ergänzt: „Da ein feinfühliges Erziehungsverhalten schnell und einfach erlernt werden kann, sollten entsprechende Elternkurse möglichst vielen Eltern zugänglich gemacht werden.“

Neben Professor Christian Bachmann sind Wissenschaftler*innen des renommierten Institute of Psychiatry, Psychology & Neuroscience, King’s College London und der University of Rochester in New York an der Studie beteiligt.

 

Kontakt:

Professor Dr. Dr. Christian Bachmann; Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/ Psychotherapie; E-Mail: christian.bachmann@uniklinik-ulm.de

Link zur Studie: A good investment: longer-term cost savings of sensitive parenting in childhood

Professor Christian Bachmann [Bild: Universitätsklinikum Ulm]
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