Bessere Chancen für arme Kinder

4. April 2011

Lange und hartnäckig haben die politischen Lager in Berlin darum gerungen, jetzt sind die Änderungen bei Hartz IV endlich Gesetz. Rückwirkend zum 1. Januar dieses Jahres ist neben der Regelsatzerhöhung um 5 Euro auch das so genannte Bildungs- und Teilhabepaket in Kraft getreten. Ab sofort können Leistungen daraus beim Landratsamt Neu-Ulm beantragt werden (siehe auch INFO). „Wir sind darauf vorbereitet“, versichert Günter Hock, der Leiter des Fachbereichs „Soziale Leistungen“ der Kreisbehörde.

Antragsberechtigt sind ihm zufolge alle im Landkreis Neu-Ulm wohnenden Bezieher von Wohngeld, des Kinderzuschlags, des Arbeitslosengelds II („Hartz IV“) oder der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) XII. Die Leistungen können laut Hock grundsätzlich für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres beantragt werden, wenn diese eine allgemein- oder berufsbildende Schule beziehungsweise eine Kindertageseinrichtung besuchen und sie keine Ausbildungsvergütung erhalten.   

Was enthält das Bildungs- und Teilhabepaket?

Damit Schülerinnen oder Schüler aus sozialen Brennpunktfamilien eintägige Schulausflüge oder mehrtägige Klassenfahrten mitmachen können, springt der Finanzminister für sie in die Bresche und überweist der Schule die Elternselbstbeteiligung. Gleiches gilt für Kindergarten-Kinder.

Staatliche Zuschüsse gibt es für persönlichen Schulbedarf, also zum Beispiel Schulranzen, Hefte, Stifte oder Bücher, nämlich pro Schulkind jährlich zum 1. August 70 Euro und zum 1. Februar 30 Euro.

Auch Nachhilfe wird bezahlt, aber nur dann, wenn die Versetzung des Kandidaten in die nächst höhere Klasse gefährdet ist.

Bietet die Schule ein gemeinschaftliches Mittagessen an, brauchen auch Kinder aus armen Verhältnissen nicht zu hungern: Vater Staat bezahlt das Essen, verlangt aber einen Eigenanteil von 1 Euro. Verpflegung vom Imbissladen, Kiosk oder Bäcker wird allerdings nicht bezuschusst.

Wenn Kinder auf eine höhere Schule gehen (Sekundarstufe II), müssen sie bisweilen ihre Fahrkarte – ganz oder zum Teil – selbst berappen. Auch hier wird Unterstützung gewährt, aber nur, wenn „es der leistungsberechtigten Person nicht zugemutet werden kann, die Aufwendungen aus dem Regelbedarf zu bestreiten“, so heißt es im Gesetzes-Deutsch. „Der Regelsatz bei Hartz IV beträgt zum Beispiel für Kinder ab 14 Jahren 287 Euro zuzüglich zu den jetzt 364 statt 359 Euro für eine alleinerziehende Mutter“, erläutert Günter Hock.

Für die sogenannte Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben kann es für Kinder und Jugendliche bis zu 18 Jahren 10 Euro zusätzlich im Monat geben. Dieses Geld darf zweckgebunden verwendet werden, zum Beispiel, um einen Mitgliedsbeitrag eines Sportvereins, eines anderen Vereins oder einer kulturellen Einrichtung wie einer Musikschule zu bezahlen.

„Die neuen Leistungen für Bildung und Teilhabe sind keine Luxusgeschenke“, macht Günter Hock klar. „Sie sollen vielmehr bedürftigen Menschen helfen, ihren Kinder in einem für Deutschland normalen Maße Bildungs- und Lebenschancen zu eröffnen.“

Das ist ja gut und schön, mag da so mancher misstrauische Zeitgenosse einwenden, aber wer sagt denn, dass das Geld auch den Kindern zugute kommt und es nicht anderweitig verbraucht wird?

Günter Hock hat diese kritische Frage erwartet. „Die neuen Hilfsgelder werden in aller Regel nicht an die Eltern oder das Kind selbst ausbezahlt“, erwidert der erfahrene Sozialexperte. Um Missbrauch zu verhindern, habe der Gesetzgeber die Direktzahlung an den Leistungsanbieter oder die Aushändigung personalisierter Gutscheine vorgeschrieben.

Ausgenommen von diesem Grundsatz sind jedoch die Leistungen für den persönlichen Schulbedarf und die Erstattung der Fahrkosten zur Schule. „In diesen beiden Fällen werden wir die Rechnungen, Quittungen oder Anmeldungen als Nachweise einfordern“, betont Hock.

INFO: Anträge fürs Bildungs- und Teilhabepaket
Die Antragsformulare für die Bildungs- und Teilhabeleistungen gibt es bei den Fachbereichen „Soziale Leistungen“ und „Besondere soziale Leistungen“ im 1. Obergeschoss des Landratsamtshauptgebäudes in der Neu-Ulmer Kantstraße oder in der neu eingerichteten „Servicestelle Bildung und Teilhabe“ des Landratsamtes in der Albrecht-Berblinger-Straße 6 in Neu-Ulm. Abgegeben werden können die ausgefüllten Anträge nur bei der neuen Servicestelle; auch die Zustellung per Post ist möglich.   

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