Als Prof. Dr. Ernst Pfenninger als Anästhesist begann, fühlte er bei einer Narkose mit der Hand den Puls des Patienten, um zu sehen, ob es ihm gut geht. An der Veränderung der Pupille las er ab, wie tief die Narkose schon wirkte. Heute geben feinste Monitoringsysteme genau an, wie viel Narkosemittel, Sauerstoff, Blut, oder Flüssigkeit ein Patient während einer Operation braucht. Die Welt der Anästhesie hat sich stark weiterentwickelt und Professor Pfenninger hat sie mit geprägt. Nach 33 Jahren am Universitätsklinikum Ulm geht der Oberarzt der Klinik für Anästhesiologie zum Ende des Jahres in den Ruhestand.
„Anästhesie ist ein Fach zwischen Leben und Tod, das empfinde ich auch trotz meiner langen Erfahrung ganz deutlich. Auf den Intensivstationen oder im OP bewegen sich Menschen an dieser Grenze, oft auch Kinder, das geht mir auch heute noch nahe“, sagt Ernst Pfenninger. Bis zuletzt kümmert sich der renommierte Neuroanästhesist im OP und auf der Intensivstation z.B. um Patienten mit schweren Schädel-Hirn-Verletzungen. „In den 80er Jahren war eine Hirnverletzung schwer einzuschätzen. Wir haben dann hier in Ulm Verfahren zur Hirndruckmessung eingeführt, um bei erhöhtem Druck eine Operation zu veranlassen“, erinnert sich Pfenninger. „Heute können wir dank CT- und MRT-Bildern tatsächlich fast von außen ins Hirn hineinschauen und dadurch viel genauere Diagnosen stellen.“
Der gebürtige Franke hat auch maßgeblich daran mitgewirkt, dass heute für viele Eingriffe eine örtliche Betäubung ausreicht. „Früher betäubte man quasi im Blindflug. Heute zeigt uns ein Ultraschallgerät jeden einzelnen Nerv, so dass wir unser Regionalanästhetikum ganz genau spritzen können“, erzählt Professor Pfenninger. Er hat die Vorteile dieser Verfahren in Deutschland schon früh erkannt und durch zahlreiche „Ulmer Regionalanästhesie-Symposien“ deutschlandweit verbreitet.
Seit 20 Jahren berät Ernst Pfenninger zudem als Mitglied der Schutzkommission das Bundesinnenministerium im Bereich der Katastrophenmedizin. „Wir erarbeiten z.B. Konzepte für Katastrophen, bei denen plötzlich 500 oder 1.000 Verletzte zu versorgen sind, und beraten bei aktuellen Katastrophen“, so Pfenninger. Er entwickelte in Ulm zudem einen Modelllehrplan im Fach Katastrophenmedizin für Medizinstudierende, der heute bundesweit verwendet wird. Wegen seiner organisatorischen Kenntnisse war Ernst Pfenninger auch der richtige Mann für die Planung des Umzugs der chirurgischen Universitätskliniken vom Safranberg an den Oberen Eselsberg im Sommer 2012: Mit seinem Team sorgte er bei diesem logistischen und organisatorischen Großereignis für einen reibungslosen Ablauf.
„Über die gesamte Zeit seines Berufslebens hat er sich vielseitig in unserem Fachgebiet ausgezeichnet und mit bewundernswertem Instinkt neue Entwicklungen des Faches voran getrieben“, betont Prof. Dr. Dr. h.c. Michael Georgieff, Ärztlicher Direktor der Klinik für Anästhesiologie. Am 7. Dezember bedanken sich Kollegen und Weggefährten dafür mit einem Abschiedsymposium bei Professor Pfenninger. Der Ruheständler freut sich im Ruhestand nicht auf Ruhe, sondern plant ehrenamtliche Einsätze für Hilfsorganisationen in Afrika und Asien.