Unesco-Welterbe für Alb-Höhlen?

28. Juni 2017

Eine Weltkulturerbestätte hat die Region Alb-Donau bereits. Doch die ist nur ein kleiner Teil eines großen Ganzen: Das Steinzeitdorf Ehrenstein ist eine von 111 prähistorischen Pfahlbausiedlungen in sechs Staaten rund um die Alpen. Nun soll die Region ihr eigenes Weltkulturerbe bekommen. Am 8. oder 9. Juli fällt im polnischen Krakau die Entscheidung über die Aufnahme der „Höhlen und Eiszeitkunst der Schwäbischen Alb“ in die Liste des Weltkulturerbes. Der Titel war nach dem Besuch von Vertretern des Internationalen Rats für Denkmalpflege (Icomos), der die Unesco berät, geändert worden. Zunächst war von „Höhlen der ältesten Eiszeitkunst“ die Rede gewesen. „Der Superlativ wurde rausgenommen“, sagt Conny Meister vom Landesamt für Denkmalpflege. Denn es könnte ja anderswo noch ältere eiszeitliche Kunstwerke geben, die noch nicht entdeckt wurden.
Prof. Nicholas Conard, als Inhaber des Lehrstuhls für Ältere Urgeschichte und Quartärökologie an der Uni Tübingen Chefausgräber in den Höhlen des Ach- und Lonetals, blickt voller Optimismus auf die Abstimmung der 25 Teilnehmer des Unesco-Welterbekomitees. Die Fundlandschaften im Achtal mit den Höhlen Hohler Fels, Sirgenstein und Geißenklösterle und im Lonetal mit Bockstein, Hohlenstein und Vogelherd hätten universelle Bedeutung. „Das ist das Hauptkriterium“, sagte Conard am Dienstag vor Journalisten, die ihn im Urgeschichtlichen Museum (Urmu) in Blaubeuren und an der Grabungsstelle im Schelklinger Hohlen Fels interviewten. „Es wird klappen, denn wir erfüllen alle Bedingungen“, ist Conard überzeugt.
Großes Medien-Interesse
Das Urmu hatte im Vorfeld der Unesco-Entscheidung zum Pressetermin eingeladen. Und das Interesse von Zeitung, Hörfunk und Fernsehen war groß. Der Professor wechselte von Mikrofon zu Mikrofon und von Kamera zu Kamera. Sein Credo: Die Allgemeinheit muss erfahren, wo die ältesten Musikinstrumente und die ältesten Belege für mobile figürliche Kunst gefunden wurden. Im Welterbeantrag werden 50 Kunstobjekte und acht Flöten aus den sechs Höhlen beschrieben. Die bekanntesten sind der Löwenmensch aus dem Hohlenstein, das Mammut und das Pferdchen aus dem Vogelherd, die Elfenbein- und Schwanenknochenflöten aus dem Geißenklösterle und die Venus vom Hohlen Fels. Nicht die kleinen Instrumente und Kunstwerke, die zwischen 35.000 und 43.000 Jahre alt sind, sondern die Fundlandschaften sollen in die Welterbeliste aufgenommen werden und würden dann in einer Reihe stehen mit Machu Picchu in Peru, Taj Mahal in Indien und Stonehenge in Großbritannien.
Conard und eine offizielle Delegation des Landesdenkmalamts werden die Sitzung vor Ort in Krakau verfolgen, bei der es um insgesamt 35 mögliche neue Welterbestätten geht. Reiner Blumentritt, Vorsitzender der für den Hohlen Fels zuständigen Museumsgesellschaft, bleibt im heimischen Schelklingen. „Man kann da in Krakau ja keinen Widerspruch einlegen“, sagt er. Per Livestream kann die Entscheidung am Bildschirm verfolgt werden. „Vielleicht platzt die Nachricht in die Einweihungsfeier unserer neuen Gemeinschaftsschule“, sagt der Blaubeurer Bürgermeister Jörg Seibold. Die läuft am Samstagnachmittag. Weil die Entscheidung offen ist, sind noch keine Jubelfeiern geplant.
Livestream der Entscheidung
Unabhängig von der Entscheidung in Krakau plant das Landratsamt Alb-Donau-Kreis für Donnerstag, 13. Juli, 17 Uhr, eine Podiumsdiskussion in der Stadtkirche Blaubeuren, zu der Mandatsträger und Ehrenamtliche eingeladen sind. Auf dem Podium werden der Tübinger Regierungspräsident Klaus Tappeser, der Präsident des Landesamts für Denkmalpflege Dr. Claus Wolf, Dr. Nicholas Conard und der Blaubeurer Bürgermeister Jörg Seibold sitzen. Weiter die Landräte Heiner Scheffold (Alb-Donau-Kreis) und Thomas Reinhardt (Heidenheim), denn die eiszeitlichen Fundlandschaften gehen über die Kreisgrenzen hinweg. Das Thema lautet: „Sechs Höhlen, zwei Täler, ein Welterbe?“ Das Fragezeichen kann bis dahin wahrscheinlich gestrichen werden. (Text: SWP Ulm)

Grabung im Hohlen Fels bei Schelklingen, Fundort der Venus. Diese und fünf weitere Höhlen und die Landschaften drumherum sollen in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen werden. (Bild: Matthias Kessler/SWP)
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