Wenn man mit Prof. Dr. Timo Sörgel spricht, spürt man die Begeisterung und die Leidenschaft für seine Arbeit aus jedem seiner Sätze. Das Streben nach neuem Erleben und Wissen, das fand er schon als Jugendlicher spannend. „Ein Freund von mir hatte einen Chemiebaukasten, und wir haben immer ohne Anleitung Sachen zusammengerührt – glücklicherweise ohne größere Schäden“, erinnert sich Sörgel und lacht. Als dann mit der 8. Klasse Chemie auf dem Lehrplan stand, war für ihn klar: Das ist es! „Von Anfang an fand ich die Chemie als eine exakte Naturwissenschaft absolut faszinierend“, sagt der inzwischen 40-Jährige und fügt hinzu: „Chemie begegnet uns überall im Alltag. Wer sie versteht, begreift besser, was um uns herum passiert.“ Also entschloss sich der gebürtige Kemptener für ein Chemie-Studium an der Universität Ulm.
Nach seinem Studium arbeitete Prof. Dr. Timo Sörgel zunächst als Doktorand am Max-Planck-Institut für Festkörperforschung in Stuttgart. „Da wird natürlich primär Grundlagenforschung betrieben, deshalb bin ich danach bewusst in die Industrie gegangen“, erzählt Sörgel. Forschung als Selbstzweck? Das war nicht sein Ding. „Mir gefällt die praktische Anwendung, aber ohne den wissenschaftlichen Tiefgang einzubüßen.“ Erste Berufspraxis sammelte er als Projektleiter bei der ESK Ceramics, heute 3M Technical Ceramics. Während dieser Zeit spezialisierte sich Sörgel auf sein späteres Steckenpferd, die Galvanotechnik. Unzählige Produkte des täglichen Lebens haben ihr Aussehen und ihre Funktion der Galvanotechnik zu verdanken. Aufgabe dieser Oberflächentechnik ist es, Werkstück und Produkte mit geeigneten Oberflächen zu versehen, wobei der sparsame Umgang mit Rohstoffen und Energie angestrebt wird. Hierbei werden metallische Schichten mit einer Dicke von nur wenigen Mikrometern auf die Grundmaterialien aufgebracht. Ob Korrosions- und Verschleißschutz bei Motoren, die Verbesserung elektrischer Leitfähigkeit, die Instrumente von Chirurgen oder Zahnärzten – die Galvano- und Oberflächentechnik kommt in allen Industriebereichen zum Einsatz.
„Die Galvanotechnik ist unglaublich spannend und vielfältig, auch weil sie sich verschiedener Disziplinen bedient“, schwärmt Prof. Dr. Sörgel, der interdisziplinäre und unkonventionelle Ansätze schätzt und wenig mit Schubladendenken anfangen kann. Als dann an der Hochschule Aalen die Professur für Galvanotechnik im Studiengang „Oberflächen – und Werkstofftechnik“ ausgeschrieben wurde, zögerte er nicht lange. „Hier kann ich beide Welten vereinbaren“, sagt der Forscher begeistert. Inzwischen hat er mehr als drei Millionen Euro für Forschungsprojekte eingeworben, eine tatkräftige Arbeitsgruppe aufgebaut und mit zwei Kollegen das Forschungsinstitut für Innovative Oberflächen (FINO) auf die Beine gestellt. Außerdem ist der 40-Jährige unter anderem Mitglied im Baden-Württemberg Center of Applied Research (BW-CAR), dem Landesnetzwerk für forschungsstarke Professorinnen und Professoren.
Ein großes Zukunftsthema, mit dem sich die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Timo Sörgel am FINO beschäftigt, ist die elektrochemische Energiespeichertechnik. „Auf Basis der galvanischen Dispersionsabscheidung verfolgen wir einen völlig neuen Weg, Batterieelektroden aufzubauen und zu fertigen. Wir sind die ersten und einzigen weltweit, die das machen“, erläutert Sörgel und fügt nicht ohne Stolz hinzu: „Dieser neuartige Ansatz wurde von der Hochschule Aalen auch zum Patent angemeldet.“ Die neue Technologie hat das Potenzial, leistungsstärkere Batterien mit verbesserter Energieeffizienz und höherer Energiespeicherdichte zu realisieren. „Damit liefern wir einen wichtigen Beitrag für einen schnellen und erfolgreichen Ausbau der Elektromobilität“, betont der Professor. Dass er jetzt mit dem Forschungspreis 2018 der Hochschule Aalen ausgezeichnet wurde, freut den zweifachen Familienvater sehr: „Es ehrt mich, diesen Preis zu bekommen, zumal wir ja die forschungsstärkste Hochschule in Baden-Württemberg sind.“ Es sei toll, mit der Hochschule Aalen ein Umfeld zu haben, wo Forschungsaktivitäten geschätzt würden. Und lachend fügt Timo Sörgel hinzu: „Ich würde auch Forschung machen, wenn ich der einzige Mensch auf der Welt wäre.“