Die Studierenden beschäftigten sich beispielsweise mit den Fragen: Ist soziale Arbeit überhaupt möglich, wenn es keine vergleichbaren rechtlichen und finanziellen Voraussetzungen wie etwa in Europa gibt? Ist Sozialarbeit ohne Sozialarbeiter möglich? Wie wirken sich andere kulturelle und soziale Hintergründe oder widrige geographische Verhältnisse aus? „Solche und ähnliche Fragen sind keineswegs nur wichtig, um Nepal oder überhaupt ausländische Systeme verstehen zu können", erklärt Studiengangsleiter Prof. Dr. Peter K. Warndorf. „Die Auseinandersetzung damit ist genauso unerlässlich, wenn es darum geht, das eigene Gesellschaftssystem, die heimische Sozialgesetzgebung, den persönlichen Umgang mit fremden (Sub-)Kulturen verstehen und weiterentwickeln zu können." Diese gehöre für akademisch ausgebildete Sozialpädagogen zum professionellen Kerngeschäft. Durch das Erlernen sozialer Kompetenzen in einem völlig unbekannten sozialen Umfeld verspricht sich Warndorf für die Studierenden eine nachhaltige Steigerung ihrer professionellen Kompetenzen. „Für mich als Hochschullehrer geht es bei den Auslandsaufenthalten vor allem um eine weitere Professionalisierung unseres akademischen Nachwuchses." so Warndorf.
Sozialarbeit – meist ohne Geld, Rechtsgrundlagen und Sozialarbeiter
In Nepal, das zu den ärmsten Ländern der Welt zählt, gibt es Waisen nicht nur aufgrund der Not in Herkunftsfamilien, die nicht in der Lage sind, die Versorgung ihrer Kinder sicherzustellen. „Auch die Zahl der echten Waisenkinder hat besorgniserregend zugenommen", erläutert Warndorf. Ursache davon sei oft der Monsun, der seit Jahren zunehmend zu Überschwemmungen und Erdrutschen mit vielen Toten, Obdachlosen, Verletzten und Vermissten führt. „Die Folgen des Erdbebens von 2015 sind zum Teil noch immer zu sehen."
In ihrer Not können die Kinder und Jugendlichen in Nepal auf Unterstützung aus Deutschland zählen: Herwig Jantschik und Petra Pachner aus Aalen engagieren sich mit ihrem Verein „Zukunft für Nepal Ostwürttemberg" und haben 2017 gemeinsam mit einheimischen Vertretern aus Wirtschaft und Verwaltung einen Verein als Träger des Waisenhauses gegründet. Derzeit leben in dem Waisenhaus fünf Kinder zwischen fünf und 13 Jahren. Zukünftig sollen Plätze für 15 Kinder angeboten werden.
Um das Waisenhaus zu unterstützen, haben die Studierenden der DHBW Heidenheim im Rahmen der Exkursion nicht nur im Waisenhaus mitgearbeitet, sondern auch Spielsachen, Kleidung und Naschwerk aus Deutschland mitgebracht.
Darüber hinaus besuchten die Studierenden die Danpheschule. Es handelt sich um eine private Schule, die wesentlich auf Spenden angewiesen ist, da das Schulgeld von den Familien, sofern überhaupt vorhanden, oft nicht aufzubringen ist. „Einige der Heidenheimer Studierenden haben hier bereits gearbeitet und sich einen guten Ruf erworben", berichtet Warndorf stolz.
Besichtigung des Ausbildungszentrums in Dhading
Etwa drei Autostunden weiter in Dhading entsteht ein berufliches Ausbildungszentrum. Dieses soll für junge Menschen die Grundlage für metall- und holzverarbeitende Berufe legen. Bei ihrer Exkursion erhielten die Studierenden einen Einblick zum aktuellen Stand: Die Schulgebäude sind noch nicht fertiggestellt, nach dem Erdbeben 2015 fehlen die meisten Türen und Fenster, auch das Dach muss erneuert werden. Ein Abriss und Neubau sind unvermeidlich. Die beiden Hallen – je eine für Holz- bzw. Metallbearbeitung – sind dagegen weitestgehend fertiggestellt.
In einem angegliederten Neubau, aktuell nur im Rohbau zu besichtigen, werden Seminarräume und Unterkunftsmöglichkeiten auch für externe Besucher und Dozenten sein. Dabei ist auch und gerade an Lehrbeauftragte und Studierende der DHBW Heidenheim, gedacht, die hier in mannigfaltiger Weise mitarbeiten können. „Vor Ort werden nicht nur Studierende des Sozialwesens ihr Fremdpraktikum absolvieren können, sondern auch solche aus den Fakultäten Technik und Wirtschaft", blickt Warndorf in die Zukunft. „Möglicherweise lassen sich darüber hinaus auch Firmen aus Deutschland für das Projekt interessieren, sich mit ihren DHBW-Studierenden verstärkt zu engagieren."
Ermutigung durch Botschafter
Die Studierenden haben zudem Roland Schäfer, den deutschen Botschafter in Nepal, getroffen. Dieser ermunterte die Gäste nachdrücklich, die bereits begonnenen Aktivitäten für die Errichtung eines beruflichen Ausbildungszentrums fortzusetzen. In einem Arbeitsgespräch in der Botschaft betonte Schäfer, es sei ein wichtiger Baustein deutscher Außenpolitik u. a. das deutsche System der dualen Ausbildung zu exportieren, die Bundesregierung habe ein gesteigertes Interesse daran, derartige Engagements zu fördern und zu unterstützen.