Wirtschaft im Landkreis Neu-Ulm zeigt sich im Außenhandel trotz Corona robust

10. März 2021

Zähe Brexit-Verhandlungen, weltweite Handelskonflikte und eine Pandemie, die zeitweise ganze Lieferketten lahmlegte: Die exportorientierte Wirtschaft im Landkreis Neu-Ulm zeigte sich trotz großer Herausforderungen im vergangenen Jahr robust. Das belegt die Zahl der Außenhandelsdokumente, die die IHK Schwaben für das Jahr 2020 ausgestellt hat. „Viele Unternehmen aus dem Landkreis sind breit aufgestellt und verfügen über stabile Geschäftsbeziehungen in alle Welt“, sagt Gerd Stiefel, Vorsitzender der IHK-Regionalversammlung Neu-Ulm. „Das macht sie resilienter gegen Krisen aller Art. Genau davon profitieren unsere Unternehmen nun.“

Die IHK Schwaben hat im Jahr 2020 mehr als 55.300 Exportdokumente ausgestellt. Dabei handelt es sich vor allem um Ursprungszeugnisse oder bescheinigte Handelsrechnungen – Dokumente, die bei Warenlieferungen ins Ausland in vielen Staaten zwingend vorliegen müssen. Die Zahl ist somit wichtiger Indikator für den Umfang der Außenhandelsaktivitäten der heimischen Wirtschaft. Sie ist im vergangenen Jahr leicht rückläufig gewesen, erreichte aber trotz aller Krisenmeldungen schwabenweit 85 Prozent des Vorjahresniveaus. Allein im Landkreis Neu-Ulm waren mehr als 8.800 Exportdokumente ausgestellt worden. „Das belegt, dass die Unternehmen zwar den allgemeinen konjunkturellen Abschwung zu spüren bekamen. Sie konnten aber trotz einiger negativer Vorzeichen (z.B. Brexit, Handelskrieg, Corona) einen massiven Einbruch beim Export überwiegend abwenden“, sagt IHK-Vizepräsident Bernd Mack. Bayernweit waren die Exportzahlen 2020 um mehr als 11 Prozent eingebrochen, wie die aktuelle Auswertung des Landesamts für Statistik zeigt. Zuletzt war aber wieder ein deutlicher Aufwärtstrend spürbar, der sich auch für Bayerisch-Schwaben abzeichnet.

 

Unternehmen leiden besonders unter fehlenden Messen und Reisebeschränkungen

Der Außenhandel hat für die bayerisch-schwäbische Wirtschaft einen hohen Stellenwert. Rund 3.000 Unternehmen sind auf ausländischen Märkten aktiv. Mehr als jeden zweiten Euro verdient die heimische Industrie im Ausland. Vor allem der Maschinenbau, die Bereiche Automotive, Logistik oder Infrastruktur, aber auch die Lebensmittel- und Verpackungsindustrie sind in Westschwaben stark vom internationalen Geschäft geprägt. China, die USA und der europäische Binnenmarkt sind die wichtigsten Handelsregionen. Sie alle sind von der Corona-Krise betroffen. Den Unternehmen aus Bayerisch-Schwaben machen dabei besonders die ausgefallenen Messen und die Reisebeschränkungen zu schaffen. In der jährlichen bundesweiten IHK-Umfrage „Going International“ nannte jeweils ein Drittel der teilnehmenden Unternehmen aus Bayerisch-Schwaben dies als größte Hemmnisse. „Den Unternehmen fehlt dadurch die Möglichkeit, im direkten Austausch mit den Partnern neue Projekte anzustoßen und Aufträge zu akquirieren“, sagt Armin Zimmer, Mitglied der Regionalversammlung Neu-Ulm. Auch die aufgrund der Corona-Krise geringere Nachfrage und verschobene Investitionen belasten das Geschäft. Jedes fünfte Unternehmen aus Bayerisch-Schwaben gab in der Umfrage an, unter Lieferkettenschwierigkeiten zu leiden. Darauf reagierten die Betriebe, indem sie ihre Lager aufstockten oder zusätzliche Lieferanten für sich gewannen. Die Verlagerung der Produktion ins eigene Unternehmen spielt dagegen kaum eine Rolle.

 

Unternehmen bleiben dem Vereinigten Königreich treu

42 Prozent der befragten bayerisch-schwäbischen Unternehmen berichteten auch abseits der Corona-Krise von einer Zunahme der Hemmnisse im internationalen Geschäft. Der Brexit spielt dabei eine große Rolle. Ein Drittel der Unternehmen rechnet damit, dass sich die eigene Geschäftslage wegen des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der EU weiter verschlechtern wird. Trotz des mit Großbritannien vereinbarten Abkommens bereiten vor allem die Zollabwicklung und die Logistikprobleme Sorgen. „Es ist wichtig, dass jetzt auch noch die letzten Unsicherheiten, die das Freihandelsabkommen gelassen hat, beseitigt werden“, betont Oliver Stipar, Regionalgeschäftsführer der IHK Schwaben. Die Unternehmen wollen weiter an ihrem UK-Geschäft festhalten. Zwei Drittel planen laut der Umfrage keine Verlagerung ihrer Investitionstätigkeiten weg von der Insel.

 

Nachfrage aus China zieht stark an

Generell sehen die Unternehmen die verstärkten Sicherheits- und Zertifizierungsanforderungen im internationalen Waren- und Dienstleistungsverkehr als größte Hemmnisse für ihr Geschäft. „Die Bürokratie führt zu unnötigen Reibungsverlusten und belastet die Wirtschaft in dieser schwierigen Situation zusätzlich. Hier besteht dringender Handlungsbedarf“, sagt Ludwig Kränzle, Mitglied der Regionalversammlung Neu-Ulm. Trotzdem blicken die exportorientierten Unternehmen wieder optimistischer in die Zukunft, wie die Konjunkturumfrage der IHK Schwaben zeigt. Die Nachfrage insbesondere aus China zieht derzeit stark an. 40 Prozent der Unternehmen erwarten bei ihren Geschäften mit Fernost einen Umsatzzuwachs. Dagegen schwächeln die europäischen Märkte weiter. Daran wird sich nach Einschätzung der befragten Unternehmen in den kommenden Monaten wenig ändern. Für das USA-Geschäft rechnet der überwiegende Teil der Unternehmen mit einem leichten Aufwärtstrend.

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