Bereits heute ist die Fachkräftesituation in der IHK-Region Ulm angespannt. Rund vier von zehn Betrieben sehen im Fachkräftemangel einen Risikofaktor für die weitere Entwicklung. Demografiebedingt wird dieser Engpass gerade in den Jahren ab 2020 weiter ansteigen. Das Fachkräfteangebot sinkt. 2030 werden letztlich ein Fünftel weniger Fachkräfte zur Verfügung stehen als noch in diesem Jahr. Weder der ausgebildete Nachwuchs noch Personen aus der stillen Reserve, also erwerbsfähige aber nicht erwerbstätige Menschen, werden die Lücke schließen können.
Durch die zunehmende Zahl an Hochschulabsolventen trifft dieser Trend den Akademikerbereich nicht in vergleichbarem Maße. Der Mangel an Akademikern wird abhängig von der Konjunktur bei rund 1.300 Personen liegen. Etwa die Hälfte davon sind Ingenieure.
Damit ist der Großteil des Fachkräftemangels auf die nicht-akademischen Arbeitskräfte zurückzuführen. Etwa 4.000 fehlen im Bereich der beruflich fortgebildeten Fachkräfte. Diese umfassen Techniker, Meister sowie Fach- und Betriebswirte. Weitere 8.400 entfallen auf Personen, die eine berufliche Ausbildung erfolgreich abgeschlossen haben. „Diese Zahlen machen einmal mehr deutlich, dass der Trend zu immer mehr Akademisierung die falsche Zukunftsstrategie ist. Mit einer dualen Ausbildung haben junge Menschen nicht nur wesentlich bessere, sondern vor allem auch sichere Karrierechancen“, sagt Sälzle. „Das Risiko arbeitslos zu sein, ist künftig für einen Akademiker höher als für einen Facharbeiter.“
In den kommenden Jahren werden Fachkräfte aber nicht nur knapper, sondern auch älter. Bis zum Jahr 2030 wird deren Durchschnittsalter von derzeit gut 43 auf 45 Jahre ansteigen. Die Betriebe müssen künftig also mit einer alternden Belegschaft innovativ und wettbewerbsfähig bleiben. Damit dies gelingt, gilt es das geringere Arbeitskräftepotenzial noch besser auszuschöpfen.
„Politik und Wirtschaft müssen weiterhin gemeinsam an den entsprechenden Stellschrauben ansetzen“, so Sälzle. So sei die IHK Ulm seit Jahren in verschiedenen Handlungsfeldern aktiv. Konkrete Projekte und Angebote existieren zum Beispiel bei der Förderung technischer und naturwissenschaftlicher Neigungen, der Verbesserung der Berufsorientierung, der Sicherung erfolgreicher Ausbildung, dem demografiebewussten Personalmanagement, der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, dem betrieblichen Gesundheitsmanagement sowie der Gewinnung und Integration von Fachkräften aus dem Ausland. Jüngst hat die IHK auch eine Koordinierungsstelle Flüchtlinge eingerichtet, um die Integration von Flüchtlingen in Gesellschaft und Wirtschaft zu unterstützen.
Eines ist aus Sicht der IHK Ulm aber klar: Auch der Flüchtlingszustrom kann die Fachkräftelücke kurzfristig nicht schließen. Denn nur die wenigsten Flüchtlinge bringen die notwendigen Deutschkenntnisse und Qualifikationen mit. „Gerade deshalb ist es wichtig, Flüchtlinge mit Bleibeperspektive für den heimischen Arbeitsmarkt fit zu machen“, erläutert Sälzle. „Ein Großteil der Menschen, die zu uns kamen und noch kommen, sind keine 30 Jahre alt. Dies verbessert die Chancen, die Menschen über unsere Bildungs- und Ausbildungssysteme in den Arbeitsmarkt zu integrieren.“
Die jährlich aktualisierte Webanwendung IHK-Fachkräftemonitor für Baden-Württemberg (www.fachkraeftemonitor-bw.de) errechnet die Entwicklung von Angebot und Nachfrage auf dem Fachkräftearbeitsmarkt, den zeitlichen Verlauf des Fachkräftemangels sowie die Berufe mit dem größten Mangel bzw. Überschuss an Fachkräften bis zum Jahr 2030. 105 Berufsgruppen und Qualifikationsniveaus in 19 Branchen bzw. in den zwölf IHK-Regionen Baden-Württembergs werden abgedeckt. Der Monitor basiert auf einem Berechnungs- und Prognosemodell, das die WifOR Wirtschaftsforschung GmbH, Darmstadt, im Auftrag der baden-württembergischen IHKs entwickelt. Ergänzt wird der IHK-Fachkräftemonitor von dem ebenfalls jährlich aktualisierten IHK-Demografierechner (www.demografierechner-bw.de), der auf dem gleichen Prognosemodell beruht und Unternehmen die Analyse ihrer betrieblichen Altersstruktur und ihres künftigen Bedarfs an Fachkräften ermöglicht.
Mit Lehre sicher Karriere machen!
In der IHK-Region Ulm fehlen zwischen 2016 und 2030 durchschnittlich mehr als 13.000 Fachkräfte. Vor allem Techniker, Meister sowie Fach- und Betriebswirte werden rar. Hier kann nicht einmal mehr jede achte Stelle besetzt werden. „Die Chancen, mit Lehre Karriere zu machen, werden künftig also noch besser, als sie es ohnehin schon sind“, kommentiert IHK-Hauptgeschäftsführer Otto Sälzle die neueste Prognose des Fachkräftemonitors der Industrie- und Handelskammern in Baden-Württemberg.