Das interdisziplinäre Forschungsvorhaben, an dem 19 Kliniken und Institute der Ulmer Universitätsmedizin beteiligt sind, ist hochrelevant: Rund acht Millionen Deutsche erleiden jedes Jahr ein Trauma und verursachen so geschätzte 30 Milliarden Euro Gesundheitskosten – Arbeitsausfälle eingerechnet. Bei jüngeren Menschen unter 45 Jahren gelten traumatische Verletzungen, die oft durch Verkehrsunfälle verursacht werden, aber auch beispielsweise im Kriegsgeschehen oder bei Terroranschlägen entstehen, als häufigste Todesursache.
Übergeordnetes Ziel des nun verlängerten Sonderforschungsbereichs (SFB) ist ein grundlegendes Verständnis traumatischer Verletzungen bis auf die molekulare und zelluläre Ebene: Im Falle eines Traumas löst die Zerstörung von Gewebe und Zellbarrieren eine sofortige Aktivierung verschiedener Abwehrsysteme aus. Diese akute Gefahrenantwort stößt im Körper von Traumapatienten Regenerations- sowie Heilungsprozesse an. Dabei kann es jedoch auch zu massiven Komplikationen kommen. Im Mittelpunkt des nun verlängerten Trauma-SFBs stehen Reaktionen auf die häufigsten Verletzungsmuster – insbesondere auf der molekularen Ebene – sowie die Forschung zu Störfaktoren im Heilungsprozess. Ausgehend von einem tiefgreifenden Verständnis dieser Vorgänge wollen die Forschenden neuartige Therapien entwickeln und so Schwerstverletzten zurück ins Leben helfen. Dabei haben sie auch das komplexe Zusammenspiel körperlicher und seelischer Verletzungen im Blick.
Bereits in der ersten Förderphase haben die SFB-Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wichtige Forschungsergebnisse erarbeitet. Beispielsweise konnten sie
individuelle Störfaktoren bei der Traumaantwort von Patienten identifizieren: So beeinflussen Übergewicht und Diabetes, die vermehrt bei Rauchern auftretende Lungenkrankheit COPD sowie etwa Gefäßerkrankungen körperliche Reaktionen auf schwere Verletzungen negativ. Weiterhin wird im SFB das regenerative Potenzial von Stammzellen beforscht, die einen positiven Einfluss auf die Immunantwort bei schweren Verletzungen haben und zu einer schnelleren Regeneration beitragen können. Bei schlecht heilenden Knochenbrüchen haben Ulmer Forschende bereits erfolgreich so genannte mesenchymale Stammzellen eingesetzt. Darüber hinaus ist es den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern gelungen, für die Traumaforschung bedeutende molekulare Mechanismen aufzudecken.
Neue Schwerpunkte, die in der zweiten Förderphase zusätzlich im SFB beforscht werden, umfassen unter anderem Funktionsstörungen des Herzens nach Trauma, molekulare Veränderungen der Stützzellen im Gehirn bei unterschiedlichen Verletzungsmustern sowie die Auswirkungen von häufigen Begleiterkrankungen auf die Stressantwort. Ein besonderer Ulmer Schwerpunkt bleibt die Aufklärung des Zusammenwirkens von Körper und Psyche nach traumatischen Verletzungen. Diese Forschungsergebnisse sollen einer möglichen dritten Förderphase den Weg bereiten, in der die Auswirkungen traumatischer Verletzungen über die gesamte Lebensspanne hinweg sowie auf die folgenden Generationen untersucht werden.
Insgesamt sind derzeit vier Sonderforschungsbereiche an der Universität Ulm angesiedelt.
Erfolg für Traumaforschung
Großer Erfolg für die Ulmer Traumaforschung: Der 2014 bewilligte Sonderforschungsbereich 1149 „Gefahrenantwort, Störfaktoren und regeneratives Potenzial nach akutem Trauma“ wird für weitere vier Jahre gefördert. In diesem Zeitraum unterstützt die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) die Ulmer Traumatologie mit Fördergeldern in Millionenhöhe.