In seiner Begrüßung zum Dies academicus, der an die Universitätsgründung 1967 erinnert, konnte Universitätspräsident Professor Michael Weber mit einem Drittmittelrekord aufwarten: 2018 haben Uni-Forschende rund 105 Millionen Euro Fördergelder für ihre wissenschaftliche Arbeit eingeworben – so viel wie niemals zuvor. „Dieser Höchststand bestätigt einmal mehr die Forschungsstärke der Universität Ulm und die Expertise, die unserer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aufweisen", betonte Weber.
Große Erfolge der vergangenen Monate umfassen unter anderem die Weiterförderung des Trauma-Sonderforschungsbereichs 1149 mit rund 10,6 Millionen Euro und die Zusage des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), ein Institut für Quantentechnologien (DLR-QT) auf dem Ulmer Campus einzurichten. Mit rund 11 Millionen Euro jährlich sollen im DLR-QT Präzisionsinstrumente für Raumfahrtanwendungen auf Basis der Quantentechnologie entwickelt werden – etwa für die Navigation oder für die Erd- sowie Wetterbeobachtung. Ebenso wie der größte Erfolg der Universität, die Einwerbung eines Clusters zur Batterieforschung bei der hochkompetitiven Exzellenzstrategie, sind diese jüngsten Bewilligungen nicht in den Drittmittelrekord von 2018 eingerechnet.
Und auch im Bereich Lehre sind in letzter Zeit wichtige Projekte eingeworben worden, etwa zur passgenauen Unterstützung in der Studieneingangsphase. In einem weiteren neuen Vorhaben mit den Hochschulen Biberach und Ulm „Accelerate!SÜD" erhalten Studierende zudem die Chance, unternehmerisches Handeln und Selbstständigkeit zu erfahren. Diese und weitere Angebote kommen derzeit rund 10 500 an der Universität Ulm eingeschriebenen Studentinnen und Studenten zugute.
Die weiterhin rege Bautätigkeit auf dem Campus zeugt von der positiven Entwicklung der Universität: Die sichtbarste Neuerung betrifft die Fertigstellung der Straßenbahnlinie 2, die die Universität direkt mit der Ulmer Innenstadt verbindet. Doch auch das hochinnovative Zentrum für Quanten- und Biowissenschaften (ZQB) steht kurz vor dem Bezug. Beim Dies academicus nannte Präsident Weber weitere Bauprojekte der Universität wie einen Neubau für den 2018 eingeworbenen Partnerstandort des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) sowie das künftige Trainingshospital für Medizinstudierende To Train U. Darüber hinaus sollen neue Forschungsflächen für das Exzellenzcluster entstehen.
„Aufbauend auf unseren Erfolgen blicken wir sehr zuversichtlich in die Zukunft", resümierte Universitätspräsident Professor Weber.
Als ersten Programmpunkt stellten die Ulmer Clustersprecher, Professor Maximilian Fichtner und Professor Axel Groß, das neue Exzellenzcluster POLiS (Post Lithium Storage Cluster of Excellence) zur Batterieforschung vor: Gemeinsam mit dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und Partnern wie dem Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) konnte das interdisziplinäre Forschungsvorhaben bei der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder überzeugen. Das Ziel der Physiker, Chemiker und Ingenieure sind leistungsfähige und umweltfreundliche Energiespeicher ohne die endlichen Materialien Lithium und Kobalt – allen voran für die Elektromobilität und Energiewende. Dafür erhalten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler über zunächst sieben Jahre rund 50 Millionen Euro. Der stellvertretende Clustersprecher, Professor Axel Groß, formulierte das gemeinsame Ziel der Forschenden: „Wir wollen Grundlagen für neue Energiespeichersysteme schaffen, die Grenzen bisheriger Batterietechnologie überwinden." Das Umfeld des Exzellenzclusters in der Ulmer Wissenschaftsstadt ist hervorragend: Während die Universität und das Helmholtz-Institut Ulm (HIU) für elektrochemische Grundlagenforschung stehen, schlägt das ZSW eine Brücke in die Praxis bis zur Pilotproduktion. Im Foyer präsentierten sich diese Partner sowie die gemeinsam mit dem KIT betriebene Forschungsplattform CELEST (Center for Electrochemical Energy Storage Ulm & Karlsruhe), in die das Cluster eingebunden ist, mit Exponaten und Informationsständen.
Sieben Preise für hervorragende Forschung und Lehre
Im Zentrum von sieben Preisverleihungen standen hervorragende Leistungen der Universitätsmitglieder in Forschung und Lehre.
Den mit 8000 Euro dotierten Franziska-Kolb-Preis zur Förderung der Leukämieforschung 2018 erhielt Dr. Clarissa Oßwald vom Institut für Physiologische Chemie. In ihrer Dissertation hat sich die Forscherin mit einer der häufigsten Krebserkrankungen im jungen Erwachsenenalter befasst, dem klassischen Hodgkin-Lymphom. Dabei untersuchte die Molekularmedizinerin insbesondere die Rolle der so genannten FOXO-Proteine. Lange Zeit glaubten Onkologen, dass diese Eiweiße der Tumorentstehung entgegenwirken, doch neuere Forschungsergebnisse belegen, dass die Expression von FOXO-Proteinen – abhängig von der Tumorart – sogar krebsfördernd wirken kann. In ihrer ausgezeichneten Doktorarbeit zeigt Clarissa Oßwald, dass es auf die genaue Menge eines Eiweißes der FOXO-Familie (FOXO3A) ankommt: „Sowohl zu hohe als auch zu niedrige Mengen dieses Proteins wirken sich nachteilig auf das klassische Hodgkin-Lymphom aus", weiß die Preisträgerin. Diese Erkenntnis kann zu einem besseren Verständnis der Krebserkrankung und womöglich zu neuen therapeutischen Ansätzen beitragen. Die Preisverleihung übernahm der Krebsforscher und Ärztliche Direktor der Universitätsklinik für Innere Medizin III, Professor Hartmut Döhner.
Zuvor waren bereits zwei Kooperationspreise Wissenschaft-Wirtschaft 2018 à 4000 Euro vergeben worden.
Für seine langjährige Zusammenarbeit mit TEVA Pharmaceutical Industries Ltd. ist Professor Albert Ludolph, Ärztlicher Direktor der Universitätsklinik für Neurologie (RKU), ausgezeichnet worden. In präklinischen und klinischen Studien haben die Partner Einsatzmöglichkeiten des Parkinsonmedikaments Rasagilin bei Patienten mit Amyotropher Lateralsklerose (ALS) überprüft. Bisher gab es kaum therapeutische Ansätze für die Nervenkrankheit ALS, die nach durchschnittlich drei bis vier Jahren zum Tod führt. Doch 2018 konnten die Forschenden um Ludolph im Fachjournal „The Lancet Neurology" zeigen, dass Rasagilin den ALS-Verlauf positiv beeinflusst: Bei bis zu 80 Prozent der Patienten führte das Medikament zu einer Krankheitsverzögerung und somit zu einem längeren Überleben.
Der zweite Kooperationspreis Wissenschaft-Wirtschaft ging an Juniorprofessorin Claudia Schrader, Leiterin der Abteilung Serious Games (Institut für Psychologie und Pädagogik), für das Simulationsspiel MeisterPower. In Zusammenarbeit mit dem Baden-Württembergischen Handwerkstag e.V. und der Firma Gentle Troll Entertainment GmbH hat Schrader ein Computerspiel entwickelt, bei dem Schülerinnen und Schüler in die Haut von Handwerksmeistern schlüpfen, die einen Betrieb führen. Im Schulfach Wirtschafts-, Berufs- und Studienorientierung sollen die Jugendlichen so Wissen über Handwerksberufe sowie ökonomische Entscheidungskompetenz in einem betrieblichen Kontext erwerben. Empirische Studien der Abteilung Serious Games belegen: MeisterPower führt zu einem geschlechtsunabhängigen Anstieg im Interesse für handwerkliche Berufe und zu einer positiven Entwicklung der ökonomischen Kompetenz.
Hervorragende Leistungen in der Lehre sind beim Dies academicus mit dem Lehrpreis 2018 der Universität Ulm in Höhe von 4000 Euro gewürdigt worden. Die Preisträgerin, Dr. Susanne Kühl, hat in einem Biochemie-Seminar für Medizinstudierende das Konzept „Inverted Classroom" eingeführt: Dabei eignen sich Studierende in einer vorgeschalteten Selbstlernphase grundlegendes Wissen mittels eigens produzierter Lehrvideos an. Auf diese Weise kann der autodidaktisch erarbeitete Stoff im Präsenzunterricht vertieft werden. Im Seminar trainieren die Studierenden beispielsweise die Arzt-Patientenkommunikation mit Laienschauspielern, denen sie komplexe biochemische Zusammenhänge allgemeinverständlich erklären. Weiterhin hat Dr. Susanne Kühl, Wissenschaftlerin und Dozentin am Institut für Biochemie und Molekulare Biologie, die Kursreihe BasicsMED für Promovierende in der Medizin eingeführt. Die Reihe umfasst unter anderem Angebote zum wissenschaftlichen Schreiben und Präsentieren. Den Lehrpreis übergab die neue Vizepräsidentin für Lehre, Professorin Olga Pollatos.
Gleich zwei Auszeichnungen verlieh die Gleichstellungsbeauftragte der Universität, Professorin Susanne Biundo-Stephan.
Mit dem Gleichstellungspreis der Universität Ulm (2500 Euro) ist der Trauma-Sonderforschungsbereich 1149 ausgezeichnet worden. In dem SFB werden seit 2015 die molekulare Gefahrenantwort und Regenerationsprozesse nach schweren Verletzungen erforscht. Ziel der Forschenden aus 19 Instituten der Universität und des Universitätsklinikums Ulm sind neue Therapien bei physischen, aber vermehrt auch psychischen Traumen.
Von Anfang an haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf Gleichstellungsmaßnahmen gesetzt, denn in der Traumaforschung sind Frauen bisher unterrepräsentiert. Im Trauma Start-up-Programm des SFBs werden talentierte Forscherinnen mit abgeschlossener Promotion unterstützt: Eine Anschubfinanzierung ermöglicht ausgewählten Nachwuchswissenschaftlerinnen Vorarbeiten zu antragsfähigen Projekten. Seit 2015 konnten sieben Frauen mit durchschnittlich 10 000 Euro durch das Trauma Start-up-Programm gefördert werden. Daraus sind vier Teilprojekte entstanden, die bei der Begutachtung des Sonderforschungsbereichs als „exzellent" bewertet wurden. Weiterhin unterstützt das Programm PRT (Pregnancy in Trauma Research) Wissenschaftlerinnen während der Schwangerschaft und Elternzeit – beispielsweise mit zusätzlichen Mitteln für technisches Personal. Das Ergebnis spricht für sich: In der nun angelaufenen zweiten Förderphase konnte der Frauenanteil der SFB-Projektleitenden von ursprünglich 18 auf 32 Prozent gesteigert werden.
Für die vorbildliche Vereinbarung ihrer wissenschaftlichen Arbeit mit den Familienpflichten wurde zudem die Psychologin Dr. Sally Olderbak mit dem Mileva Einstein-Marić-Preis ausgezeichnet. Die zweifache Mutter forscht in der Abteilung für Differentielle Psychologie und psychologische Diagnostik (Institut für Psychologie und Pädagogik) und wurde erst kürzlich in das Margarete von Wrangell-Habilitationsprogramm aufgenommen. Im Zuge ihrer Habilitation will die gebürtige Amerikanerin die Messung sozio-emotionaler Eigenschaften verbessern und deren Einfluss evaluieren. Der Mileva Einstein-Marić-Preis ist mit 2500 Euro dotiert.
Beim Dies academicus sind jedoch nicht nur gestandene Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ausgezeichnet worden. Der Ulmer Universitätssonderpreis für herausragendes studentisches Engagement 2018 (500 Euro) ging an die studentischen Organisatoren des Wahlfachs „MSV – Mit Sicherheit verliebt". Die ausgezeichneten Medizinstudierenden engagieren sich in der Sexualaufklärung Jugendlicher an Schulen.
Der Dies academicus wurde von Musikerinnen und Musikern des Universitätsorchesters Ulm begleitet.