Im Landkreis gibt es schätzungsweise 60.000 Haushalte. Damit beträgt der Versorgungsgrad mit Ökostrom 132 Prozent. Die Tendenz ist dabei steigend. Landrat Erich Josef Geßner freut sich über diese Entwicklung: „Die Energiewende müsste bei uns zu schaffen sein. Wir im Landkreis Neu-Ulm haben bereits Vorsorge für den Ausstieg aus der Atomenergie getroffen und werden künftig noch stärker auf erneuerbare Energien setzen.“
Die ergiebigste regenerative und damit CO2-freie beziehungsweise -neutrale Energiequelle im Landkreis ist die Wasserkraft. Insgesamt beträgt die Ausbauleistung der Wasserkraftanlagen in den heimischen Fließgewässern rund 42.500 Kilowatt (kW). Die vier größten Wasserkraftwerke, die es zusammen auf rund 90 Prozent der gesamten Ausbauleistung im Landkreis bringen, produzieren durchschnittlich 196 Millionen Kilowattstunden (kWh) elektrische Energie im Jahr. Es handelt sich um das Kraftwerk Böfinger Halde der Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm (SWU), das LEW-Kraftwerk Oberelchingen (beide in der Donau) sowie die von der Unteren Iller AG betriebenen Werke Untereichen und Illertissen.
Größter Produzent von Ökostrom im Landkreis ist allerdings das Müllkraftwerk (MKW) in Weißenhorn. Bei der Verbrennung von Müll fallen dort durchschnittlich 55 Millionen kWh Strom als Nebenprodukt an; rund 15 Millionen kWh verbraucht der Abfallwirtschaftsbetrieb (AWB) selbst, um die 40 Millionen kWh stehen alljährlich zur Einspeisung in das öffentliche Stromnetz zur Verfügung.
Auch wenn voraussichtlich ab 2013 ausgehend vom MKW ein Fernwärmenetz aufgebaut und in Betrieb genommen wird, wird sich an der durchschnittlichen Einspeisemenge allenfalls geringfügig etwas ändern. „Es geht dann zwar Energie, die bislang in Strom umgewandelt wurde, als Wärmeenergie weg; im Gegenzug sparen wir aber Strom ein, der bisher benötigt wird, um die abschüssige Hitze herunterzukühlen, bevor sie in die Luft abgegeben wird“, erläutert AWB-Werkleiter Thomas Moritz.
Alle im Landkreis insgesamt installierten Photovoltaikanlagen erzeugten im Jahr 2010 35,9 Millionen kWh Strom. Hinzukommen 5,9 Millionen kWh Strom aus den bislang 14 Biomasseanlagen zwischen Unterelchingen und Kellmünz. Windenergie wird zurzeit bei uns so gut wie gar nicht genutzt. Es existiert momentan auf dem Gebiet des Landkreises nur ein Windrad, an der Autobahn (A8) bei Seligweiler (Gemeinde Elchingen).
Zusammengerechnet wurde im vergangenen Jahr im Landkreis Neu-Ulm „sauberer“ Strom in Höhe von 277,8 Millionen Kilowattstunden erzeugt. Bei einem durchschnittlichen Jahresverbrauch eines Haushaltes von – nach Angaben der Lechwerke (LEW) – 3500 Kilowattstunden kann damit der Strombedarf von rechnerisch 79.371 Haushalten gedeckt werden. Das heißt also: Die Erzeugungskapazitäten im Landkreis aus Wasserkraft, Photovoltaik, Biomasse und Müllverbrennung reichen aus, um alle Häuser und Wohnungen seiner Einwohner das ganze Jahr über komplett mit Strom zu versorgen. Es braucht dazu also keinen Strom aus Atomkraft oder aus der Verbrennung fossiler Energieträger.
Zum Ziel von Landrat Erich Josef Geßner, nicht nur die privaten Haushalte, sondern auch die heimische Wirtschaft komplett mit ortsnah erzeugtem Ökostrom versorgen zu können, wird das breit angelegte Photovoltaikprogramm des Landkreises beitragen. Auf Beschluss des Umwelt- und Werkausschusses des Kreistages werden derzeit auf allen geeigneten Dächern von kreiseigenen Gebäuden und der drei Kliniken der Kreisspitalstiftung Photovoltaikanlagen installiert. Zusammen gerechnet werden sie pro Jahr knapp 860.000 kWh Strom produzieren. Das entspricht dem Jahresverbrauch von etwa 250 Haushalten.
Auch die frühere Mülldeponie in Pfuhl soll mit Photovoltaikzellen bestückt werden. Die Jahresleistung dieser geplanten Anlage soll knapp 600.000 kWh betragen, was ausreichen würde, um circa 170 Haushalte mit Strom zu versorgen. Eine Biogasanlage, die bereits genehmigt, aber noch nicht fertig gestellt ist, wird – wenn sie in Betrieb gegangen ist – 1,1 Millionen kWh Strom im Jahr liefern können. Wenn man diese Energiewerte zur bereits im Landkreis produzierten Ökostrom-Menge hinzuaddiert, ergäbe sich ein rechnerischer Versorgungsgrad von 134 Prozent, das heißt, es wird also ein Drittel mehr Strom aus erneuerbaren Energiequellen im Landkreis erzeugt, als dessen private Haushalte im Jahr verbrauchen.