Die Ulmer hatten die Malcha-Arena schon verlassen, als Brad Greenberg den israelischen Journalisten noch etwas mitteilen wollte. Ungefragt erzählte der Coach von Hapoel Migdal Jerusalem nach dem 81:65-Sieg seiner Basketballer im Achtelfinal-Rückspiel des Eurocups, dass "Ulm eine starke und gut trainierte Mannschaft ist". Greenberg führte das Ganze noch weiter aus: "Sie haben gute Spieler, die hart, aber sauber und fair spielen. Es ist ein sehr guter Klub mit einer schönen, modernen Arena. Als wir in Ulm waren, war alles sehr gut organisiert und alle waren sehr freundlich zu uns. Dieses Lob zeigt, dass das Ratiopharm-Team im zweitwichtigsten europäischen Wettbewerb nicht nur sportlich einen guten Eindruck hinterlassen hat. Wenn die Gegner reihenweise mit großem Respekt vom Bundesliga-Siebten sprechen, dann hat das mehr als nur mit den im Basketball üblichen Höflichkeitsfloskeln zu tun.
Elf Siege bei sieben Niederlagen lautet die sportliche Bilanz. Drei Gegner aus Frankreich, zwei aus Italien, dazu jeweils ein Team aus Spanien, Slowenien, der Türkei und zuletzt Israel – und jede Mannschaft wurde mindestens einmal geschlagen. Ein weiteres Land auf dieser Liste bleibt den Ulmern erspart: Russland. Im Viertelfinale hätte Nuschni Nowgorod gewartet. Die meisten Spieler im Team sind nicht unglücklich, dass ihnen in zwei Wochen diese Tour erspart bleibt. Zumal drei Tage später im Pokalhalbfinale Ligaprimus Bayern München wartet.
Philipp Schwethelm allerdings hätte es nichts ausgemacht, noch einmal die Reisetasche zu packen: "Ich habe die Auswärtsspiele zuletzt nicht mehr als Stress empfunden." Sein Mannschaftskapitän sieht eher die Vorteile des Ausscheidens. "Jetzt können wir uns zwei Wochen auf unser Saison-Highlight vorbereiten", sagt Per Günther. Die Pokalendrunde in der heimischen Ratiopharm-Arena am 29./30. März wirft ihren langen Schatten voraus – und lindert den Schmerz über das Eurocup-Aus. Die hohe Belastung und die wenigen freien Tage auf der einen Seite, die Erfahrungen und die großartigen Spiele auf der anderen, sind es, die Günther meint, wenn er von den guten und den schlechten Seiten des Eurocups spricht. Sein Fazit ist eindeutig: "Die positiven Eindrücke überwiegen." Der 25-Jährige ist sich sicher, dass der internationale Wettbewerb die Mannschaft schneller zu einer Einheit gemacht hat. "Von den vielen Spielen profitierst Du – wenn Du es körperlich überlebst." Fast jeder Spieler schleppt seine Blessuren, die er hat, bereits seit Wochen mit sich rum. Jetzt bleibt etwas Zeit, um sich auszukurieren.
Das heißt aber nicht, dass alle die Füße hochlegen können. Bereits am Samstag (19 Uhr) geht es in der Bundesliga weiter. "Gegen Vechta wirds ein ganz schwieriges Spiel", warnt Günther: "Vor allem nach den paar Tagen in Jerusalem."
Ein letztes Mal müssen die Spieler den Spagat zwischen nationalen und internationalen Wettbewerb meistern. Der hat nicht immer geklappt. Doch damit hatten alle Beteiligten gerechnet. "Ein bis zwei Spiele kostet der Eurocup pro Saison", sagt Günther. Er meint damit Niederlagen, die auf die Reisestrapazen und die mangelnde Zeit für eine vernünftige Vorbereitung zurückzuführen sind.
Wie viele Siege das internationale Geschäft am Ende bringt, ist hingegen schwer zu sagen. Alle im Team sind sich aber einig, dass die Doppelbelastung Vorteile hat. Vor allem am Ende der Saison. So waren sowohl das letzte Gruppenspiel gegen Cantu als auch die Partie in Jerusalem erste Endspiele für Ulm in dieser Saison. Beide Partien wurden verloren, nur die Schützenhilfe von Nanterre verhalf zum Achtelfinal-Einzug. Damit sich der Eurocup auszahlt, müssen die Spieler und ihr Trainer Leibenath aus diesen Spielen die richtigen Lehren ziehen. Eine Pleite im nächsten Duell, in dem es um alles oder nichts geht, wird nicht so leicht zu verdauern sein, wie diese beiden Niederlagen. Sonst platzt der Traum vom Pokalsieg "dahoam" frühzeitig. (Südwest Presse)