Auszeichnung für Ulmer Wissenschaftler

13. April 2016

„Auf dieser Grundlage dürfte man einem Patienten künftig schon vor der Behandlung sagen können, ob ihm diese Medikamente helfen können oder ob eine andere Therapie angezeigt ist“, erklärte Prof. Dr. Stefan Endres, München, im Namen der sechsköpfigen Jury. „Zudem ermöglichen es Krönkes Ergebnisse, gegen weitere Krankheiten neue Medikamente zu entwickeln, die das gleiche Wirkprinzip nutzen“.
Viele Krankheiten lassen sich behandeln, indem im Körper ein bestimm­tes Enzym, ein Botenstoff oder ein anderes Protein still gelegt wird. Meist gelingt das durch einen Arzneistoff, der sich nach der Einnahme an das betref­fende Protein heftet und es so „abschaltet“. Beispielsweise blockieren Medikamente aus der Klasse der Statine ein Cholesterin-produzierendes Enzym, damit der Cholesterinspiegel sinkt.
Doch wie Krönke herausfand, sorgen bestimmte Medikamente auf andere Weise dafür, dass Proteine stillgelegt werden: Sie veranlassen, dass die Proteine für die zelleigene „Müllentsorgung“ als Abfall gekennzeichnet und dann von dieser beseitigt werden. Jede Zelle verfügt über ein solches Proteinbeseitigungssystem. Es baut solche Proteine ab, die ihm als „Müll“ angezeigt werden.
Krönke stellte fest, dass dieses Wirkprinzip schon in den 1950er Jahren unwissentlich verwirklicht wurde: beim Wirkstoff Thalidomid im Schlafmittel Contergan. Jahrzehnte nach der Marktrücknahme wegen seiner Gefährlichkeit für das Ungeborene erlebte der Wirkstoff eine Renaissance als Mittel gegen Multiples Myelom, eine Form von Knochenmarkkrebs bei älteren Patienten. Diese Wirkung erzielt er Krönke zufolge, indem er für den Abbau zweier Proteine sorgt, die Myelomzellen zu ihrer Vermehrung brauchen. Auch die ähnlichen Wirkstoffe Lenalidomid und Pomalidomid wirken auf diese Weise.

Lenalidomid veranlasst zusätzlich, dass ein weiteres Protein in den Zellen „entsorgt“ wird. Dies bewirkt bei einer anderen Knochen­markerkrankung, dem Myelodysplastischen Syndrom mit schadhaftem Chromo­som 5, die Selbstzerstörung der defekten Knochenmarkzellen. Sie verdrängen dann nicht länger die gesunden Zellen aus dem Knochenmark.
Der Preisträge
Dr. Jan Krönke (36) ist Assistenzarzt in der Klinik für Innere Medizin III für Hämatologie, Onkologie, Palliativmedizin, Rheumatologie und Infektions­krankheiten am Universitätsklinikum Ulm. Seine klinische Tätigkeit erstreckt sich auf die ambulante und stationäre Versorgung von hämatologisch und onkologisch erkrankten Patienten. Als Wissenschaftler leitet er seit Anfang vergangenen Jahres eine von der Deutschen Forschungs­gemeinschaft eingerichtete Emmy-Noether Nachwuchsgruppe und ist in der Lehre tätig.
Von 2011 bis 2014 war er als Research Fellow an der Harvard Medical School in Boston tätig, wo er die prämierten Ergebnisse erarbeitete. Im vergangenen Jahr erhielt er für seine Forschungsarbeiten den Artur-Pappenheim-Preis der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie, den Württembergischen Krebspreis der Dres. Carl Maximilian und Carl Manfred Bayer Stiftung und den Franziska-Kolb Preis für Leukämieforschung der Universität Ulm.

Auszeichnung für Ulmer Wissenschaftler

Für die Aufklärung der Wirkungsweise mehrerer Krebsmedikamente hat Dr. Jan Krönke vom Universitätsklinikum Ulm Anfang der Woche den Paul-Martini-Preis erhalten. Der mit 25.000 Euro dotierte Preis wird jährlich von der Paul-Martini-Stiftung, Berlin, für herausragende Leistungen in der klinisch-thera¬peutischen Arzneimittel¬forschung verliehen. Die Verleihung fand im Rahmen der Jahres¬tagung der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) in Mannheim statt.

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