Forscher entwickeln „Arthrose-Scanner“

6. September 2017

Anlaufschmerzen, Morgensteifigkeit und eine verminderte Belastbarkeit: Arthrose schränkt die Lebensqualität der meist älteren Patienten stark ein. Allerdings wird die Diagnose mittels bildgebender Verfahren oder Gelenkspiegelung oft erst gestellt, wenn der schützende Knorpel bereits stark abgetragen ist und womöglich schon die Gelenkflächen aufeinander reiben.
Dabei könnte ein Fortschreiten der Krankheit und letztlich der Ersatz des Gelenks in vielen Fällen verzögert werden, wenn Verletzungen des Knorpels frühzeitig erkannt und behandelt würden.
Wissenschaftler um Professor Boris Mizaikoff entwickeln derzeit den Prototypen eines arthroskopischen Infrarot-Sensors, der krankhafte Knorpelveränderungen bereits aufspürt, bevor eine schmerzhafte Arthrose entsteht. Der neuartige Sensor erfasst molekulare Veränderungen im Zuge der minimal-invasiven Gelenkspiegelung („Arthroskopie“) und könnte eine wesentliche Bereicherung für Patientenversorgung und Forschung sein: „Neben einer verbesserten unmittelbaren Diagnostik kann mithilfe dieser Messtechnik auch der Erfolg neuartiger Therapien überprüft werden“, erklärt Professor Mizaikoff. Zudem erhoffen sich die Wissenschaftler ein besseres Verständnis der Krankheitsentstehung und -entwicklung.
Das übergeordnete Ziel des Projekts MIRACLE ist eine personalisierte Krankenversorgung und letztlich eine geringere – auch finanzielle – Belastung des Gesundheitssystems. Denn in unserer alternden Gesellschaft wird die Diagnose Gelenkverschließ in Zukunft noch häufiger gestellt werden.

Die Ulmer Forscher bringen vor allem ihre Expertise im Bereich Infrarotspektroskopie und in der Miniaturisierung molekular-spezifischer Sensortechnologien ins Projekt MIRACLE ein. „Der neue Sensor basiert auf einer Serie abstimmbarer Quantenkaskadenlasern, einem integrierten Strahlkombinator, Infrarot-Lichtwellenleiterfasern sowie einem Sensorelement, das im mittleren Infrarotbereich zur Spektroskopie und Bildgebung dient. Eine Herausforderung ist die Integration all dieser Komponenten in ein hochkompaktes Format, das die tatsächliche Anwendung während des arthroskopischen Eingriffs erlaubt“, erklärt Professor Mizaikoff. Ein miniaturisierter Prototyp hat im Vorfeld des Projekts bereits überzeugt: In Meniskusproben konnten beispielsweise krankhafte Veränderungen, aber auch atherosklerotische Ablagerungen an der Blutgefäßinnenseite erfolgreich aufgespürt und klassifiziert werden.

Im Zuge einer Gelenkspiegelung dürfte MIRACLE für den Operateur einfach zu handhaben sein und akkurate Ergebnisse liefern, weshalb der Sensor möglichst schnell bis zur Marktreife entwickelt werden soll. „Nicht zuletzt aus diesem Grund gehören zahlreiche Partner aus der Industrie zum MIRACLE-Team, so dass zum Ende des Projektes ein marktreifer Prototyp vorgestellt werden kann“, betont Mizaikoff.
   
Von dem Vorhaben überzeugt sind auch die Gutachter der Europäischen Kommission: Sie bewerteten den Antrag mit der höchstmöglichen Punktzahl. Für zunächst 42 Monate wird das EU-Projekt MIRACLE („Mid-infrared arthroscopy innovative imaging system for real-time clinical in depth examination and diagnosis of degenerative joint diseases“) mit insgesamt fast 6 134 000 Euro gefördert, wovon rund 842 500 Euro den Ulmer Forschern zugutekommen.

Forscher entwickeln „Arthrose-Scanner“

Arthrose ist eine „Volkskrankheit“. Um sie einzudämmen und das betroffene Gelenk möglichst lange zu erhalten, ist eine frühzeitige Diagnose hilfreich. Forscher um Professor Boris Mizaikoff, Leiter des Ulmer Instituts für Analytische und Bioanalytische Chemie, arbeiten an einer Lösung: Ein Sensor soll Knorpelveränderungen bereits feststellen, bevor eine Arthrose entsteht. Dazu bündeln 13 europäische Forschungseinrichtungen und Unternehmen aus sechs Ländern ihr Wissen. Im Zuge des EU-Rahmenprogramms Horizont 2020 für Forschung und Innovation wird das Projekt MIRACLE mit insgesamt über 6,1 Millionen Euro gefördert.

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Prof. Boris Mizaikoff leitet das Institut für Analytische und Bioanalytische Chemie der Universität Ulm. Foto: privat
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