Lernen wollen: Das ist der Schlüssel für eine erfolgreiche Zukunft und ein wichtiger Baustein der Lehrangebote an der Hochschule Biberach (HBC). Zwei besonders innovative Beispiele hat das Land Baden-Württemberg jetzt ausgezeichnet. Professorin Dr. Katharina Zimmermann (Fakultät Biotechnologie) sowie Professor Dr.-Ing. Christof Gipperich (Fakultät Bauingenieurwesen und Projektmanagement) haben Fördermittel im Rahmen von HUMUS – Hochschuldidaktisch und methodisch unterstützte Selbstinitiierung von Lernprozessen an HAW in Baden-Württemberg – erhalten. Insgesamt fast 8000 € stehen ihnen für ihre Lehrprojekte, die bereits angelaufen sind, in den kommenden Monaten zusätzlich zur Verfügung. Die Mittel seien nicht umfangreich, ermöglichen jedoch wertvolle Spielräume", so Jens Winter, Prorektor für Lebenslanges Lernen und Internationales an der HBC. Insgesamt 19 Hochschulen in Baden-Württemberg wurden in die Förderlinie des Landes aufgenommen, maximal 5000 € werden pro Mikroprojekt bewilligt.
In dem Doppelerfolg sieht Winter eine wichtige Bestätigung für die Hochschule Biberach und den formulierten Anspruch an eine nachhaltige Lehre: „Selbstmotiviertes, eigenständiges Lernen, Hinterfragen, Anwenden und Weiterentwickeln ist der Grundstein für Wissensaufbau und Methodenkompetenz", skizziert der Prorektor das Selbstverständnis der Biberacher Lehrenden. Die HBC fördere dies zum Beispiel durch individuelle und persönliche Lehr-Lernbeziehungen zwischen Studierenden und Dozenten. Auch kleine Lerngruppen, die selbstständig theoretisch fundiertes Wissen erarbeiten, praktisch anwenden, transferieren und kritisch bewerten, können ein Ansatz sein.
Was aber bieten die ausgezeichneten Professoren konkret an? Katharina Zimmermann unterrichtet im Studiengang Pharmazeutische Biotechnologie. In einem Laborpraktikum lernen die Studierenden bei ihr u. a. biochemische Standardmethoden kennen. „Den eigenständigen Aufbau und die Entwicklung von neuen Assays vermitteln wir zunächst theoretisch, aber gerade dieses Themenfeld eignet sich für Learning by Doing", sagt Zimmermann – „inklusive Stolpern, Scheitern und einem Neuanfang mit anderen Strategien".
Seit mehreren Semestern integriert die Professorin deshalb ein Projekt, in dem die Studierenden eigene Fragestellung bearbeiten und daraus einen biotechnologischen Test entwickeln. Die Studenten arbeiten in kleinen Gruppen von zwei bis vier Teilnehmern, begleitet durch einen Projektbetreuer und unterstützt durch erfahrene Tutoren. Beispiel: Ein Viererteam hat es sich zur Aufgabe gemacht herauszufinden, warum ein Hund unter starkem Juckreiz an Ohren und Pfoten leidet. Patientin war der Pudelmischling „Bella", Herrchen die Biotechnologie-Studentin Viviana Neuner. Sie scharte ebenso tierliebe Kommilitonen um sich und fand heraus, dass der Hund allergisch auf sein Futter reagierte, konkret auf das Fleisch darin. Es folgten etliche Testreihen in Zusammenarbeit mit einem Tierarzt – am Ende stand ein Ergebnis: Bella verträgt kein Rindfleisch und wird seither ausschließlich mit Futter aus Schweinefleisch, Hühnerfleisch oder Pferdefleisch gefüttert. Seither fühlt sich Bella wieder pudelwohl.
Mit Beispielen wie diesem sollen Studierende an der Hochschule Biberach neben Fachwissen und verschiedenen Methodenkompetenzen „Lernen lernen" und die Motivation entwickeln, sich lebenslang weiterbilden zu wollen. Um dieses Ziel zu erreichen setzt die Hochschule Biberach zunehmend auch auf digitale Medien, ergänzt die Didaktikbeauftragte der Hochschule, Professorin Henrike Mattheis. „Damit sind wir am Puls der Zeit und nah an den Kommunikationswegen junger Menschen".
Dazu passt das zweite Beispiel: Professor Christof Gipperich ist der Experte für Building Information Modeling (BIM) an der Hochschule Biberach, einer Methode zur Digitalisierung von Bauprojekten. In seinem Projekt ist der Weg das Ziel, die Studierenden ab dem 6. Bachelorsemester erhalten kaum Vorgaben, wie sie vorgehen sollen. „Experimentelle Erfahrungen", nennt Gipperich die Vorgehensweise, die für Professoren wie Studierende unerwartete Überraschungen hervorbringt. Mithilfe von modernsten digitalen Tools bilden Studenten reelle Bauvorhaben ab – finden mögliche Wege und schnelle Lösungen für auftretende Probleme. „Der Professor wird zum Lernbegleiter", sagt Gipperich – die erarbeiteten Ergebnisse fließen in weitere Projekte ein. „Das verfügbare Wissen wächst mit enormer Geschwindigkeit und steht über das Internet jedem jederzeit zur Verfügung". Im Umfeld der Digitalisierung gehe es darum, Veränderungskompetenz zu vermitteln, so Gipperich. „Die Studierenden werden zum Teil eines Ganzen, das intensiviert die Lerntiefe und wecke die Motivation".
Genau das sieht Didaktikbeauftragte Mattheis als eigentlichen Sinn einer akademischen Wissensvermittlung: „Studium hat mit Wollen zu tun", fasst zusammen. Deshalb solle Lernen eigenmotiviert und in Gestaltungsfreiräumen erfolgen. Die jetzt bewilligten Fördermittel unterstützen gezielt zwei Lehrprojekte, die „diese intrinsische Motivation bei den Studierenden herauskitzeln", so Mattheis – „das ist eine tolle Chance für alle Beteiligten".